Immer wieder stellen wir bei Workshops oder an Schulungstagen fest, dass es Menschen gibt, die enorme Schwierigkeiten haben, Verlangsamung zu akzeptieren.
Sie sind sich ein hohes Tempo bei der Arbeit so sehr gewohnt, dass sie sich gar nicht mehr vorstellen können, dass es anders auch oder sogar noch besser funktionieren könnte. Und schon gar nicht mit dieser totalen Verlangsamung, die Methoden wie Dynamic Facilitation oder Thinking Circle mit sich bringen. Es fühlt sich manchmal wohl fast wie ein Angriff auf die eigene Person an, weil man Tempo und Leistungsfähigkeit als unzertrennbares Paar sieht, das sich gegenseitig bedingt, und man sich damit identifiziert.
Gerade bei schwierigen Problemen ist aber Langsamkeit angesagt, damit man seine Gedanken überhaupt mal zu Ende denken kann und nicht nur immer und immer wieder nur das sagt, was man vorher schon gedacht hatte. Natürlich ist dies auch wichtig zu äussern und hat seinen Platz. Aber wenn man sich Raum lässt, endlich mal weiter denken zu können und sich gegenseitig wirklich zuzuhören, so kann man gemeinsam als Gruppe ganz neue Gedanken entwickeln, die nachher von allen mitgetragen werden.
Und das ist – über das einzelne Meeting hinaus betrachtet, das vielleicht etwas ungewohnt lange dauert – sehr effizient und effektiv: Denn das Committment der ganzen Gruppe verursacht nachher viel weniger unnötige Zusatzschleifen als faule Kompromisse, die offenen oder stummen Widerstand mit sich bringen.
Langsamkeit zur rechten Zeit spart in der weiteren Zusammenarbeit also enorm viel Zeit.
Ich kann übrigens sehr gut nachvollziehen, dass man als Inhaber:in eines verantwortungsvollen Jobs ein hohes Tempo gewohnt ist. Und mehr noch: dass man dies als völlig normal empfindet. Es war bei mir auch lange so, als ich Managerin war.
Und es hat einige Zeit des Austauschs mit langjährigen Weggefährten und persönliche Weiterbildungen gebraucht, bis ich wirklich verstanden habe, dass «Machen» eben nur eine Seite der Medaille ist. Und dass es Dinge gibt, für die man sich ausreichend Zeit nehmen muss – am besten vor dem Machen (sofern dies möglich ist – denn natürlich gibt es Ausnahmesituationen, wo zuallererst rasch gehandelt werden muss). Reflektieren können – alleine und mit der Gruppe – ist meines Erachtens heute eine unabdingbare Kernkompetenz, die Manger:innen haben sollten.
Immer noch kann ich als ehemalige Macherin, selbst nicht so gut abschalten. Sogar, wenn ich weiss, dass ich Erholung oder Fokus bräuchte. Deshalb muss ich mich bewusst und ganz aktiv darum kümmern.
Wie immer habe ich meine Erkenntnis, die ich aus dem Rückblick auf das zu Ende gehende Jahr gewonnen habe, in einen Neujahrsvorsatz umgesetzt und mich gleich für einen T’ai Chi Chu’an-Einführungskurs (kombiniert mit Sitzmeditation) angemeldet. Runterkommen und einfach nur im Moment sein…
Mir selbst hilft meditative Bewegung noch besser als in Stille zu sitzen, das habe ich gemerkt, als ich (noch vor Corona) alleine zu Fuss pilgernd auf dem Schweizer Jakobsweg unterwegs war. – Eine Kombination könnte vielleicht für mich das Richtige sein? Darum will ich mich jetzt mit diesen langsamen fliessenden Bewegungen im Stehen vertraut machen. Ich bin gespannt und freu mich drauf.
Ich wünsche euch allen noch eine lichterfrohe Adventszeit und gesegnete Weihnachten!
Herzliche Grüsse,